12. März 1952 – Happy Birthday Mercedes-Benz 300SL !
Das Gutachten des Technischen Überwachungsvereins, Bezirk 18 vom 19. Februar 1952 in Stuttgart Untertürkheim zur Straßen Zulassung liest sich wenig spektakulär. Es ist das Prüfprotokoll für einen Mercedes-Benz Personenwagen mit 2 Sitzplätzen, und 1060 Kilogramm Leergewicht. Beim genaueren Hinsehen fallen jedoch die Leistung von 170PS und die Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h ins Auge. Außerdem ist die Bemerkung: „Es handelt sich um einen Sportwagen.“ Für die Zeit eher ungewöhnlich. Am Morgen des 12.März 1952 wurde der neue Silberpfeil vom Typ Mercedes-Benz 300SL – SL stand für „Sport Leicht“ – auf der heutigen A81 zwischen Stuttgart und Heilbronn der Presse vorgestellt.
©Mercedes-Benz
Die Geschichte der Silberpfeile sollte nach einer mehrjährigen Unterbrechung also eine Fortsetzung finden.
Was war vorangegangen ? Am 21.Juni 1951, der Zweite Weltkrieg lag gerade sechs Jahre zurück, beschließt der Vorstand der damaligen Daimler-Benz AG, praktisch unbemerkt von der Öffentlichkeit, die Realisierung eines Projektes, dass dem Unternehmen die Rückkehr in den Rennsport ermöglichen sollte. In einer Denkschrift vom 18.November 1951 hatte der legendäre Rennleiter des Mercedes-Benz Teams, Alfred Neubauer, zwar einen neuen Rennwagen mit 200PS und Fünfganggetriebe gefordert, wurde aber sofort durch Sachzwänge in seinen Gedanken eingebremst, denn man musste aus Kostengründen zwingend auf Komponenten zurückgreifen, die man ohnehin zur Verfügung hatte.
Der geniale Entwicklungs- und Versuchsingenieur Rudolf Uhlenhaut, dessen Rolle als Vater des 300SL unbestritten ist, war sich jedoch des nicht vorhandenen finanziellen Spielraumes voll bewusst und suchte eine Lösung die irgendwo zwischen Wünschen und Machbarem in Einklang zu bringen war. „Entweder wir nahmen, was wir hatten, das waren als Basis der Motor und das Getriebe des 300, oder es hätte keine Rennbeteiligung gegeben“ ist wohl sein am häufigsten abgedrucktes Zitat.
Das von ihm entwickelte Konzept für den neuen Rennwagen mit möglichst geringem Gewicht bei sehr steifem Rahmen und weicher Fahrwerksabstimmung, kombi-niert mit möglichst geringem Luftwiderstand resultierte neben fundiertem Ingenieurskönnen auch aus seinen als Rennleiter zwischen 1936 und 1939 gesammelten Erfahrungen.
Nach dem Krieg hatte Rudolf Uhlenhaut für einen befreundeten Britischen Major einen Rennwagen mit einem Gitterrohrrahmen konstruiert. Dieses Wissen und seine Erfahrungen als Versuchsingenieur nutzte er bei der Konstruktion eines Gitterrohrrahmens für den 300SL. Das Gitterwerk des 300SL vom Typ W194 bestand aus Rohren, die zu Dreiecken zusammengeschweißt waren und lediglich auf Druck und Zug belastet wurden. Er experimentierte zunächst mit Miniaturkonstruktionen aus Lötdraht, die er im Versuch so belastete, dass keine Torsionskräfte mehr auftraten und übertrug seine Erkenntnisse auf den Rahmen des 300 SL.
Uhlenhauts konstruktive Genialität in Verbindung mit einem Schuss Phantasie, ermöglichte es ihm, einen schlanken Sportwagen zu entwickeln, der einen selbst nach heutigen Maßstäben einen sehr guten CW Wert von nur 0,25 aufwies. Zudem war er nur unwesentlich größer als ein Porsche 356 und hatte eine deutlich höhere Leistung. Der aus der 300er Limousine stammende Dreiliter Reihensechszylinder erfuhr durch den Einsatz von drei Doppelvergasern eine Leistungssteigerung von 115 auf bis zu 177 PS im Renneinsatz. Ermöglicht wurde der Einsatz dieses sehr großen und hoch bauenden Motors aus der 300er Limousine durch einen um 45 Grad zur Fahrerseite geneigten Einbau.
Weil der 300 SL gegen die viel stärkeren Ferrari und Maserati antreten sollte, baute man natürlich hauptsächlich auf die für Mercedes-Benz typische Zuverlässigkeit , da der 300SL von seinen Leistungsdaten her gegen die mit 250 PS und mehr ausgestatteten Konkurrenz-fahrzeuge der Italiener zunächst chancenlos schien. Aufgrund der Konstruktion des Gitterrahmens mit über der normalen Schwellerlinie verlaufenden Rohren konnten die Türen, die bei den frühen Prototypen eigentlich Klappfenster waren, nur oben am Dach angeschlagen werden. Sie waren einzig der speziellen Konzeption des 300 SL geschuldet. Zum damaligen Zeitpunkt konnte niemand damit Rechnen, dass dieses Design zur Schaffung einer Ikone, ja gar einer Legende beitragen sollte. Das Design der Türen war auch überhaupt nur möglich, weil Rennleiter Alfred Neubauer sich einmal wieder als echter Fuchs erwiesen hatte und bereits 1951 bei der Durchforstung aller bekannten Reglements auf keine einzige Einschränkung bezüglich des Anschlags der Fahrzeugtüren gestoßen war. Somit wusste Alfred Neubauer, nachdem er sich bei dem dem Veranstalter der Mille Miglia rückversichert hatte, dass der neue Mercedes-Benz Rennwagen, mit nach oben öffnenden Türen im Rennbetrieb eingesetzt werden durfte. Für den späteren Renneinsatz bei den 24 Stunden von Le Mans wurden die Türausschnitte als Entgegenkommen von Mercedes-Benz vergrößert – dies war jedoch keineswegs ein Zwang irgendeines Reglements oder Veranstalters, sondern sollte primär etwaigen Protesten der Mitbewerber vorbeugen.
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Doch zurück zur Vorstellung: da stand er nun, der neue Sportwagen von Mercedes-Benz an diesem Nebelverhangenen Märzmorgen des Jahres 1952 neben dem für die Präsentation aufgebauten Zelt und wartete darauf die Welt zu erobern, was ihm in beeindruckender Weise gelingen sollte. Zu diesem Zeitpunkt dachte, vielleicht außer dem in den USA als Generalimporteur für Mercedes-Benz agierenden Maximilian Hoffmann, sicherlich noch niemand daran, dass eine Weiterentwicklung dieses Rennwagens einmal als straßenzugelassenes Fahrzeug in den Verkauf und ein knappes halbes Jahrhundert später als Sportwagen des Jahrhunderts in die Geschichte eingehen sollte.
Technische Daten: Mercedes-Benz 300SL / 1940001
Motornummer: M194/1
Motor: Otto, Sechs Zylinder in Reihe
Leitung: 170 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Hubraum: 2995 ccm
Bohrung / Hub: 85mm / H 88mm
Eigengewicht: 1000 kg
Leergewicht: 1060kg
Zul. Gesamtgewicht: 1210 kg
Tankinhalt: 170 Liter
Reifen Größe: 6,70 -15 auf Felgen 4 ½ kx15
Radstand: 2400 mm
Länge 4220mm / Breite 1789mm / Höhe 1265 mm
Happy Birthday !
www.300sl.org